Es war einmal… die Sage um die Eyneburg:
„Es geht die Sage von Eginhard und Emma, und hier auf der Emmaburg sollen jene Getreuen den Lohn für Ausdauer und unerschütterliches Vertrauen gefunden haben. Karl der Grosse zog an seinen Hof nicht nur weise erprobte Räthe, sondern auch Gelehrte und junge Talente. Einer dieser Letzteren war Einhard oder Eginhard. Derselbe war aus der Gegend des Odenwalds gebürtig; Karl hatte ihn ganz besonders lieb, liess den Jüngling, zugleich mit seinen eigenen Kindern, den Unterricht Alkuins geniessen, und machte ihn zu seinem Geheimschreiber, so wie er ihm auf die Oberaufsicht über die öffentlichen Bauten übertrug. Karl’s Tochter gewann den Jüngling lieb; sie liess sich von ihm im Harfenspiel unterrichten, und oft blieben die Geliebten, bis spät in die Nacht, im traulichen Gespräch bei einander. Einmal, so führt die Sage fort zu berichten, hatte sich Eginhard bei Emma ganz besonders verspätet, inzwischen war frischer Schnee auf den Burghof hernieder gefallen; beide fürchteten nun, durch die Spur männlicher Tritte verrathen zu werden, und den Zorn des Kaisers zu erwecken. Da nahm die Jungfrau Eginhard auf ihren Rücken, und trug ihn über den Hof. Karl aber hatte gerade eine schlaflose Nacht: von dem Fenster seines Zimmers sah sein scharfes Auge die beiden Gestalten und erkannte dieselben. Am folgenden Tage mussten beide, in feierlicher Versammlung der Räthe, vor dem Kaiser erscheinen, welcher dieselben mit ernsten Worten wegen ihrer unbesonnen Handlungsweise strafte, dann aber mit einander vermählen liess. So erzählen die Einen, - Andere aber berichten, Karl sei sehr zornig geworden, habe beide verstossen, und dieselben flüchteten sich in die Wälder. Hier waren sie gezwungen, unerkannt und einsam viele Jahre zu verleben, zwei blühende Kinder gereichten ihnen zum Trost und zur einzigen Freude. Einstmals hatten sich diese Kleinen von der väterlichen Wohnung weit entfernt, und stiessen auf eine daherziehende Jagdgesellschaft. Der Erste von derselben gewahrte die schönen Kinder, begann mit ihnen ein Gespräch, und folgte den Kleinen bis zur Behausung der Eltern. Hier geschah das Wiedererkennen: der Kaiser wurde mild und gütig. Er führte die Verbannten wieder an seinen Hof, Eginhard und Emma gewannen sein Herz aufs Neue, und beide sollen das für sie eigens erbaute Schloss, nahe seiner Lieblingsresidenz, die Emmaburg, darauf lange Zeit bewohnt haben.“
Duncker, Alexander „Die Ländlichen Wohnsitze, Schlösser und Residenzen der ritterschaftlichen Grundbesitzer in der preussischen Monarchie“, Band 15, 1878-1880, S. 32-34, 8/02/2023.
Die Legende ist im 19. Jahrhundert entstanden und hat sich so sehr verbreitet, dass die Eyneburg in Emmaburg umbenannt wurde. Auch wenn sie eine sachliche Analyse nicht standhält, zeigt sie, wie sich die Volkstradition die Eyneburg angeeignet hat und ist somit als immaterielles Kulturerbe zu schätzen.