Die Armenkolonien – Transnationale Stätte (Belgien/Niederlande - 2020)

Historisches Schwarz-Weiß-Foto zeigt, wie Menschen auf einem Feld arbeiten.

Die transnationale Stätte umfasst sieben Orte in Belgien und den Niederlanden. Diese entstanden im 19. Jahrhundert im damaligen Königreich der Niederlande mit den Grenzen, die sich aus dem Wiener Kongress ergaben. Als Experiment gestartet, zielte man darauf ab, der damals europaweit herrschenden, extremen Armut durch soziale Beschäftigung in neuen landwirtschaftlichen Siedlungen entgegenzuwirken.

Es wurden innerhalb von sieben Jahren sieben Armenkolonien eingerichtet:

  • fünf im Norden der Niederlande und
  • zwei im Süden, die heute in den belgischen Kempen liegen

Aus dem ganzen Land wurden zahlreiche Einzelpersonen und Familien, die in Armut leben, dorthin geschickt, um in der Landwirtschaft zu arbeiten, zur Schule zu gehen und Disziplin zu lernen. Aber auch Landstreicher, Bettler und auch Waisenkinder wurden dort zwangsweise untergebracht.

Diese neue, ehrgeizige Initiative unterstützen Privatpersonen wie auch Behörden. Sie basiert auf der Idee, unfruchtbares Land wirtschaftlich erträglich zu machen, um die Armut zu bekämpfen und gleichzeitig den Zugang zu Bildung und Beschäftigung sowie die Erhaltung von "Frieden und Ordnung" in der Gesellschaft zu ermöglichen. Es gab jedoch auch die falsche Annahme über die Machbarkeit und Produktivität von Menschen und Land.

Die 175jährige Geschichte der Kolonien offenbart vor allem auch die lange Entwicklung des europäischen Denkens über sozial ausgegrenzte Menschen und ihre kaum anerkannten Rechte als vollwertige Mitglieder der Gesellschaft, die nun in Artikel I.2 der Europäischen Verfassung verankert sind.