Auf den Spuren unserer Kultur und Geschichte

  • Kirchen, Burgen, Gräber, Wälle und Friedhöfe.

  • Bäume, Weiher, Plätze, Gärten und Täler.

  • Dialekte, Gemälde, Fotos, Karten, Schriftstücke und Bücher.

Sie alle und noch vieles mehr machen das kulturelle Erbe unserer ostbelgischen Heimat aus. Damit Sie diese Schätze entdecken können, schnürt das Ministerium immer wieder Themenpakete und -routen. Suchen Sie sich einfach ein Thema aus und begeben Sie sich auf Entdeckungsreise in die Vergangenheit.

Hilger Vera

Vera Hilger über ihre Arbeit
 
TätigkeitsfeldMaler/-in
ThemaKunst und Kultur
Geburtsjahr1971
GeburtsortSchleiden
Beschreibung

Vera Hilger fertigt nahezu ausschließlich nonfigurative Arbeiten, die sich durch einen delikaten Aufbau in mehreren Temperaschichten auszeichnen, in die gelegentlich viel geringere Mengen an Ölfarbe subtil hineingemischt werden. Die oft sorgfältig konstruierten Kompositionen haben eine ausgeprägt repetitive und rhythmische Struktur: Innerhalb eines Bildes wiederholen sich Formen, Flächen, Punkte, Motive, Linien, Löcher, Kugeln oder Blasen, wobei sie sich jeweils nur in winzigen Details unterscheiden. Dabei entstehen nach und nach organisch wirkende Muster, die sich in illusionistischer Hinsicht vor den halbdurchsichtigen Untergründen zu befinden scheinen. Vera Hilgers nonfigurative, titellose Kunstwerke repräsentieren in der Regel genau genommen nichts Konkretes - dennoch wecken sie hin und wieder Assoziationen mit elementaren Prozessen und Phänomenen in der überraschenden, omnipotenten Natur.

Auszug Katalogtext, Rick Vercauteren (NL)

 

 

Über meine Bilder

Der Maler Per Kirkeby hat einmal etwas über die Entstehung seiner Bilder gesagt, das mich beeindruckt hat und meiner Idee vom Malen nahe kommt. Sinngemäß sagte er, dass er, wenn er mit einem Bild beginnt, eine Schlacht mit sich selbst und dem Bild eröffnet, indem er etwas malt, das überhaupt nicht zu seinen Vorstellungen von „guter Malerei“ passt - vielleicht etwas Peinliches oder Naives - und dann, weil er den Zustand nicht aushält, anfängt, darauf zu reagieren, um diesen Zustand wieder verschwinden zu lassen. Auf diese Weise gibt er sich einen Anlass, in das Bild einzusteigen und eröffnet sich selbst die Möglichkeit, eigene Verhaltensweisen in seiner Malerei zu überwinden, denn er beginnt mit etwas, das seinen Vorstellungen eben nicht entspricht. Er lädt das Bild auf mit der Spannung zwischen dem, was er tut, um seine Erwartungen zu erfüllen, was er aus Erfahrung weiß und kann - und dem, was den eigenen Erwartungen widerspricht. Genau so, denke ich, sollte man malen, um seine Vorstellungen und Gewohnheiten zu verändern und die Freiheit, die in der Malerei steckt, auch wahrzunehmen. Denn Malerei kann heute nach meiner Auffassung nur bestehen vor der Flut der Bilder, die am Computer oder durch die digitale Fotografie erzeugt werden können, wenn sie sich auf ihr eigenes Potential besinnt, und das sind die Effekte, die sich aus dem Material selbst entwickeln. Denn genau dort ist die Malerei am stärksten, wo sie ihrer Materialität bewusst ist, einer Materialität, die in der digitalen Bildwelt per Definition nicht vorkommt. Für mich ist das Spiel mit den Augen das Interessante, das, was passiert, wenn man in die Wolken guckt und das Hirn automatisch Assoziationen herstellt. Die Malerei kann genau das auslösen, wenn sie bei sich und ihren Möglichkeiten bleibt. Derjenige, der in die Wolken guckt, schreibt der Wolke ihre Bedeutung zu. In meinen Bildern soll die Deutung dem Betrachter überlassen bleiben und nur ihm. Er soll frei sein, zu sehen, was er sehen kann. Für mich ist es interessant, wie unterschiedlich die Deutungen der Bilder zum Teil ausfallen , wie sehr die Perzeption durch das Subjekt konditioniert wird. Weil ich keinerlei Richtung vorgeben möchte, was im Bild zu sehen ist, verzichte ich auf Titel. Tempera hat sich für mich als das geeignetste Malmaterial herausgestellt, weil es flexibel ist, je nach Mischung sind sowohl Strukturen und pastoser Auftrag als auch Lasuren wie in der Ölmalerei möglich, ohne dass das Bild dadurch dicht und fettig wird. Es gibt viele Möglichkeiten, die Rezepte in der Temperamalerei zu verändern und damit zu experimentieren. Durch die Kombination vieler Lagen und Texturen entsteht mit der Zeit ein Gerüst - vielleicht vergleichbar mit der Musik - ein Rhythmus, der das Bild innen trägt und zusammenbindet. Es ist schwer zu sagen, wann ein Bild fertig ist - eher habe ich eine Idee von einem Zustand, den ich perfekt finde, als dass ich vorher schon wüsste, wie das Bild konkret aussehen wird. Es braucht relativ lange, ehe ein Bild genug Informationen angehäuft hat, ehe es sich in einen Raum begeben hat, ehe es in einem Zustand angekommen ist, der nicht mehr bei mir auslöst, dass etwas fehlt und ich weitermalen muss. Das kann bei einigen Bildern über Jahre gehen, bis sie ganz auf der sicheren Seite angekommen sind. Es muss etwas passiert sein, das ich nicht mehr in der Hand habe und nicht in der genau gleichen Weise wiederholen kann, etwas, das das Material aus sich selbst generiert. Alle Bilder entstehen in Horden - das meint, dass es im Atelier immer Haufen von großen, kleinen, mittleren Formaten gibt, die abwechselnd weitergemalt werden und die sich gegenseitig nach oben ziehen. Ist ein Bild vorausgegangen und hat Intensität entwickelt, wird es zum Maßstab für andere, die sich dann anstrengen müssen, hinterherzukommen. Ein früherer Lehrer an der Akademie hat einmal zu mir gesagt, dass er seine Bilder mit einer Schafherde vergleichen würde, die er auf einer Weide grasen lässt. Eine Zeitlang ist die Weide fett und man lässt die Schafe grasen, bis die Weide abgefressen ist. Dann muss die Herde weiterziehen und die Schafe, die hinterher hängen - also die Bilder, die nicht mitgekommen sind mit der Herde - muss man in den Hintern treten. Das ist eine etwas rustikale Formulierung, aber im Grunde trifft sie auch für meine Arbeitsweise zu.

Vera Hilger