Haus Neustraße 79, Eupen

360 Grad
Vorderfassade
Vorderfassade
Vorderfassade
Eingang
Fenster 1. OG
Fenster 2. OG
Sicherungskasten
Sicherungskasten
Erstes Geschoss
Treppenaufgang
Treppenaufgang
Eingangsbereich Innenraum
Kassenraum - Eingangsbereich
Saal mit Balkon
Dachstuhl
 
Jahr1933
KurzbeschreibungDas Gebäude, gelegen Neustraße 79 in Eupen, wurde als Lichtspieltheater „Capitol“ durch Martin Berg in den Jahren 1931-1933 erbaut. Architekt des Capitols war der Aachener Bemelmans. Dieser war wohl auch der Erbauer des Kinos „Roda Palast “ in Herzogenrath (ein Plan des Kinos in Herzogenrath mit der gleichen Signatur wie die Pläne des Capitols wurde in den Akten gefunden). Das Capitol war zwar nicht das erste Kino Eupens, jedoch das erste Gebäude, welches mit der Zweckbestimmung „Kino“ erbaut wurde.
Beschreibung

1. Kinogeschichte

Die erste öffentliche Filmvorführung fand in einem Unterhaltungstheater am 5. Februar 1894 in Manhattan statt. Seit 1905 eröffnete in Brüssel ein Kino nach dem anderen, 1913 bekam Brüssel seine ersten großen Kinopalast „Pathé Palace“ und 1939 wurde allein in Brüssel 100 Kinos gezählt. Es entstanden Kinopaläste, die den Theatern und Opern der damaligen Zeit nachempfunden waren. 1926 kam der erste abendfüllende Spielfilm mit Ton zur Aufführung. Seit den 1930er Jahren war das Kino als Unterhaltungs- und Bildungsinstitution vor allem in den Städten etabliert. Die Stadtverwaltungen betrachteten die neue Massenunterhaltung als ein ernst zu nehmendes Geschäft und als Mittel, Stadtentwicklung und Wohlstand zu beschleunigen. Dies bezeugt auch die Festschrift zur Eröffnung des Lichtspielhauses Schramberg im Oktober 1928 verfasst von dem Architekten, Paul Darius: „Das Kino bietet der Stadt eine Unterhaltungsstätte, welche in kultureller Hinsicht für die Stadt von Bedeutung sein wird. Suchen doch ähnliche hunderte von Besuchern nach des Tages Last und Arbeit Erholung und Unterhaltung in diesem neuen Lichtspielhause“. Extravagante Kinos besetzen bald die prominentesten Plätze der Städte. Kinoarchitektur weist im Vergleich zu anderen Bauwerken wenig typische nationale Charakteristika auf. Kinos sind wichtige Beispiele einer internationalen Architektur, die sich in so vielen Städten in ähnlicher Gestalt zeigt, gerade weil die Entwicklung in Richtung modernistischer Funktionalitäten ging. In der Blütezeit des Kinos kassierte die Stadtkasse Eupen an der „Lustbarkeitssteuer“, die erhoben wurde, recht ansehnliche Summen (1957: 416.989 Franken, 1967: 183.304 Franken), was auf einen großen Publikumszuspruch schließen lässt.

In den 1960er Jahre brachen jedoch für alle Kinos und davon war das Capitol nicht ausgeschlossen schwere Zeiten ein, von 1957 bis 1967 sanken die jährlichen Besucherzahlen von rund 145.000 auf 40.000. Die Gründe waren der Einzug des Fernsehers in den Haushalten und das Auto, welche im Fall von Eupen eine Fahrt zum Kinobesuch nach Aachen und Verviers möglich machte. Am 1. September 1970 schloss das Capitol aufgrund mangelnder Kinobesucher. Nach mehreren Jahren Leerstand erhielt es wie viele andere Kinos bis Ende 1986 eine neue Zweckbestimmung als Warenhaus Choc-Discount, danach wurde es ein Veranstaltungssaal, welcher 2012 ebenfalls geschlossen wurde.

2. Erhaltene Bausubstanz aus der Entstehungszeit

Aus den Plänen des Bauantrags zu schließen, ist das Gebäude heute größtenteils in seinem ursprünglichen Zustand erhalten. Dies betrifft vor allem die folgenden Elemente:

- Die Vorderfassade: Die verputzte Ziegelsteinfassade entspricht der Formensprache der Architektur der 1920er-1930er Jahre mit Merkmalen des Expressionismus, der sich z. B. durch die Vorliebe für spitze Winkel und die Überbetonung der Horizontalen ausdrückt. Zu Beginn der 1920er Jahre findet eine deutliche Abkehr vom reich verzierten Stil der Gründerzeit statt, die Baukörper werden klarer, ihre Fassaden rationalisiert. Dies gilt auch für die vergleichsweise schlichte Fassade des Capitols, sie wird durch horizontale, tiefliegenden Linien und geometrischen Formen stark strukturiert. Die Vorderfassade besteht aus drei Achsen. Die mittlere, größere Achse wird geprägt durch 24 eng aneinander liegende rechteckige Fenster (12 Fenster pro Geschoss) und einem pyramidenartigen Abschluss. Die beiden identischen seitlichen Achsen haben jeweils drei eng aneinander liegende Rechteckfenster, im 2. Obergeschoss haben die Fenster einen Rundbogen. Die Fensterbereiche werden durch ein vertikales Element und farbliche Abhebung des Putzes, strukturiert. Die Glasscheiben besitzen ebenfalls ein Dreiecksmuster mit horizontalen Sprossen, die der Architektursprache der Bauzeit entsprechen.

- Der Grundriss: Das dreigeschossige Gebäude mit Keller wird als Kinotheater konzipiert, dies bedeutet, dass man von der Neustraße mittels vier doppelflügeligen Türen in das Vestibül, einem größeren Empfangsraum mit Kasse gelangt. Durch weitere vier Türen gelangt man in den groß angelegten Zuschauersaal. An der rechten Seite des Vestibüls befindet sich eine Garderobe, die jedoch nur über den Zuschauersaal zu erreichen ist. Links führt eine Treppe in das Kellergeschoss und eine weitere Treppe zum 1. und 2. Obergeschoss. Der Zuschauersaal mit 541 Sitzplätzen verfügt über einen tiefer gelegten Raum für das Orchester (Orchestergraben). Dieser ist heute nicht mehr erhalten. Am Ende des Saales befindet sich die höher gelegte Bühne mit der Projektionsfläche. Die Toiletten befinden sich in einem Anbau an der linken Seite des Gebäudes, welche über den Zuschauersaal zu erreichen sind. Rechts und links von der Bühne gibt es Treppenaufzüge. Erwähnenswert ist auch, dass die Decke des Kinosaales mit Gefälle für die ansteigenden Sitzreihen konstruiert wurde, was zu dieser Zeit bemerkenswert ist. Die Treppe zum 1. Obergeschoss hat ein geschwungenes Geländer aus Chrom und führt in einen weiteren Vorraum, wo ein Café eingerichtet ist. Den Balkon erreicht man über drei Türen. Der Balkon mit weiteren 240 Sitzplätzen hat eine geschwungene Form und wird durch ein Geländer abgeschlossen. Zum 2. Obergeschoss gelangt man über eine Treppe auf der rechten Seite des Vorraums. Im 2. Obergeschoss befinden sich die Technikräume.

- Die Elemente der Innenausstattung: Kasse, Fenster der Vorderfassade (Rahmen, Griffe und Scheiben), Treppenaufgang mit Geländer, Türe mit Schriftzug Balkon und der Öffnungsmechanismus im 1. Geschoss (links), geschwungener Teil des Balkons mit Geländer, Beleuchtungskörper an der Decke, Wandbeleuchtung aus Pergament und der Sicherungskasten im 2. Geschoss sind erhaltene Elemente aus der Erbauungszeit.

Datum der Unterschutzstellung16.07.2015
Historischer Zeitabschnitt Neueste Geschichte (1918 bis )
Stile Expressionismus
TypologieAndere
Schutzstatusgeschütztes Denkmal
Jahrhundert20. Jahrhundert
Neustraße 79
Eupen
4700
Belgien